Wir werden immer älter – jedes Zweite in diesem Jahr geborene Mädchen wird über 100 Jahre alt werden. Und wenn die Babyboomer, also die zwischen 1955 und 1965 geborenen Menschen alt werden, so ab 2030, dann müssen wir Antworten haben auf die Frage, wie unsere Gesellschaft ein Altern in Würde gestaltet.
Über Hundertjährige haben weniger Krankheiten als 80- oder 90-jährige war eine der Thesen – das wage ich zu bezweifeln, denn die zugrunde gelegten Routinedaten von kooperierenden Krankenkassen waren nicht erstellt, um vorrangig die Krankheitslast zu dokumentieren, sondern sie dienen zur Legitimation der ärztlichen Arbeit. Weniger Diagnosen bei den uralten Menschen könnte also auch bedeuten, dass sie nicht mehr so oft untersucht und ärztlich behandelt werden.
Wie ist denn nun das Leben mit Hundertjährigen? Diese Frage wurde einigen Angehörigen gestellt – hauptsächlich den Töchtern, ohne sie wären viele der Hundertjährigen allein auf die Fürsorge professioneller Dienste angewiesen – und ausgeliefert. Wie anstrengend die Arbeit der Angehörigen wirklich ist und wie zerstörerisch sie sich auf das Leben pflegender Angehöriger auswirken kann, das konnte der Zuhörer nur erahnen. In der Diskussion wurde das hohe Lied der Familie angestimmt. Ohne sie geht es nicht. Stimmt das auch für die Generation der Babyboomer und 68-er? Hier wird es kreativere Antworten geben – unser Projekt „Altenkollektiv im Möckernkiez“ ist nur eine davon.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „für die Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf“ – ich glaube, dies passt auch für das würdevolle Altern. So sah es auch Prof. Zahn von der AOK Nordost: wir müssen endlich eine „community care“ schaffen, ohne die künstlichen Schranken, die unterschiedliche Sozialgesetzbücher errichten. Die Gemeinden und Städte sind gefragt – und die engagierten Alten, die werden sich nämlich in ihre Zukunft einmischen.
(Text: Harald Kamps)
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